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Google soll die Vormachtstellung bei den Suchmaschinen verboten werden - Foto: firmbee.com on Unsplash

Google soll die Vormachtstellung bei den Suchmaschinen verboten werden - Foto: firmbee.com on Unsplash

Big Tech

Google-Kartellprozess kommt ins Rollen

Immer wieder wird Google vorgeworfen, seine Marktstellung auszunutzen und durch Exklusivverträge mit Microsoft, Apple & Co. zu verhindern, dass andere als die von Alphabet stammende Suchmaschine in den Computern, Mobiltelefonen, Pads et cetera voreingestellt werden. So hatte bereits 2020 das Justizministerium der Vereinigten Staaten gemeinsam mit elf Generalstaatsanwälten einzelner Bundesstaaten eine zivilrechtliche Kartellklage beim U.S. District Court for the District of Columbia eingereicht, um Google an der unrechtmäßigen Aufrechterhaltung von Monopolen durch wettbewerbswidrige und ausschließende Praktiken auf den Such- und Suchwerbemärkten zu hindern und die Wettbewerbsschäden zu beheben. Damals ging es darum, dass Google fast 90 Prozent aller Suchanfragen in den Vereinigten Staaten für sich verbucht und wettbewerbswidrige Taktiken angewandt, um seine Monopolstellung bei der Suche und der Suchwerbung aufrechtzuerhalten und auszubauen. Im Detail richtete sich die Klage gegen den „Torwächter des Internets“ gegen den Abschluss von Exklusivitäts-Vereinbarungen, die die Vorinstallation konkurrierender Suchdienste verbieten, den Abschluss von Kopplungs- und anderen Vereinbarungen, die die Vorinstallation seiner Suchanwendungen an bevorzugten Stellen auf mobilen Geräten erzwingen und sie unabhängig von der Präferenz der Verbraucher nicht löschen lassen, den Abschluss langfristiger Vereinbarungen mit Apple, die Google als Standard – und de facto exklusive – allgemeine Suchmaschine in Apples Safari-Browser und anderen Apple-Suchwerkzeugen vorschreiben. Generell richtete sich die Klage, dass Google seine Gewinne aus der Monopolstellung dazu einsetzt, eine Vorzugsbehandlung für die eigene Suchmaschine auf Geräten, Web-Browsern und anderen Suchzugängen zu erkaufen, wodurch ein kontinuierlicher und sich selbst verstärkender Kreislauf der Monopolisierung entsteht.

„Diese Klage trifft den Kern von Googles Griff über das Internet für Millionen von amerikanischen Verbrauchern, Werbetreibenden, kleinen Unternehmen und Unternehmern, die einem unrechtmäßigen Monopolisten verpflichtet sind“, sagte damals Generalstaatsanwalt William Barr. Insofern sei der Wettbewerb in dieser Branche wichtig. 

Barr und und sein Stellvertreter Jeffrey A. Rosen beriefen sich in ihrer Klage auf das sogenannte „Sherman Gesetz“. "Wie bei den historischen Kartellverfahren gegen AT&T im Jahr 1974 und Microsoft im Jahr 1998 setzt das Ministerium erneut das Sherman-Gesetz durch, um die Rolle des Wettbewerbs wiederherzustellen und die Tür für die nächste Innovationswelle zu öffnen – dieses Mal in den wichtigen digitalen Märkten", so Rosen.

Nächster Verhandlungstag ist am 9. September 2024

Ein knappes Jahr, nachdem Bundesstaatsanwalt Barr und sein Stellvertreter Rosen Klage gegen Google eingereicht hatte, folgte im April 2021 eine Klage von Associated Newspapers, die als erster Zeitungsverlag per Gericht gegen Google respektive dessen Mutter Alphabet vorgehen wollten, um, wie es seinerzeit in einer Mitteilung hieß, sie für das wettbewerbswidrige Verhalten auf dem Online-Werbemarkt zur Rechenschaft zu ziehen. Inzwischen haben sich weitere Verlage und Bundesstaaten der Klage angeschlossen.

Start der Verhandlungen war im September 2023. Wobei das Gericht bereits vorm ersten Verhandlungstag die Klage dahingehend einschränkte, dass – wie „Heise“ seinerzeit berichtete, nur einzelne Aktionen zum tragen kommen, die jeweils allein schon so schwer wiegen, dass sie den Wettbewerb verzerren. Ebenfalls abgewiesen wurden alle Klagepunkte, die sich auf Android-Geräte bezogen. Als Begründung führte das Gericht an, die Kläger hätten nicht eindeutig nachweisen können, in welcher Weise Geräte-Voreinstellungen den Wettbewerb bei Suchmaschinen-Werbung beeinträchtigen würden.

Zwar sieht Google der Verhandlung laut offiziellen Äußerungen „gelassen“ entgegen, und kommentierte bereits zu Beginn des Prozesses im Google-eigenen Blog: "Die heutige Klage des Justizministeriums ist zutiefst fehlerhaft.  Die Menschen benutzen Google, weil sie sich dafür entscheiden, nicht weil sie dazu gezwungen werden oder weil sie keine Alternativen finden können."

Dennoch dürfte dem Tech-Riesen aus dem Kalifornischen Mountain View nicht eben Wohl zumute sein, wenn im September diesen Jahres die nächsten Verhandlungstage anstehen. Denn kürzlich veröffentlichte das zuständige Gericht die Liste der 69 Zeugen, die im Prozess aussagen werden. Darunter auch aktuelle und ehemalige Google-Mitarbeiter:innen. So beispielsweise Brad Bender, ex Director of Product Management, Sam Cox, ehemaliger Group Product Manager in charge of Googles Programmatic Exchange Group, Chris LaSala, Ex-Managing Director of Publisher Platform Strategy, Eisar Lipkovitz, ehemals VP of Engineering for Display and Video Ads, Payam Shodjai, zuletzt Senior Director of Product Management for Display & Video Ads, Scott Spencer, von 2009 bis 2023 VP Porduct Management for Privacy & User Trust und Rahul Srinivasan, bis 2019 Product Manager for Google Ad Manager.

Jeder Einzelne von ihnen hat sich in der Zeit seit ausscheiden aus dem Google-Kosmos mehr oder weniger direkt gegen die Google-Praktiken ausgesprochen. So sagte Sam Cox beispielsweise gegenüber dem Magazin „ad exchanger“: „Wir alle sind im Mediengeschäft tätig. Und dieses Mediengeschäft beginnt und endet mit den Werbetreibenden. Es gibt so viele konkurrierende Interessen, wie also bringt man all diese Interessen in Einklang, um sicherzustellen, dass sich alle auf den Werbetreibenden konzentrieren und jeder den angemessenen Wert erhält, den er beiträgt?“ Cox hatte sich nach seinem Rückzug von Google übrigens bewusst dafür entschieden, nicht mehr für die GAFAMs zu arbeiten.

Ebenfalls auf der Zeugenliste steht Matthew Wheatland, Chief Digital Officer bei DailyMail. Ein Verlags-Sprecher schickte als Reaktion auf die öffentliche Liste eine E-Mail an „Media Daily News“, in der er erklärte: "Seit mehr als einem Jahrzehnt hat Google unrechtmäßig ein Monopol auf die Werkzeuge, die Verleger und Werbetreibende zum Kauf und Verkauf von Online-Werbeflächen nutzen, aufrechterhalten. Es hat illegale Praktiken angewandt, einschließlich der Absprache von Preisen und der Manipulation von Online-Anzeigenauktionen und Suchergebnissen, um exorbitante Gewinne auf Kosten von Verlagen und Konkurrenten im Bereich der Werbetechnologie zu erzielen.“ Ferner stand in der Mail, dass Nachrichtenverlage auf digitale Werbeeinnahmen angewiesen sind, um den Verbrauchern eine Reihe von zuverlässigen Nachrichtenquellen zur Verfügung zu stellen, aber Googles Verhalten hat "die Online-Anzeigeneinnahmen gedrückt, den Verlegern ernsthaften Schaden zugefügt und die Menge und Qualität der für die Leser verfügbaren Nachrichten reduziert.“

Auch auf die Stimmung dürfte die Ablehnung eines Antrags auf Freisprechung gedrückt haben, den Google erst im letzten Monat bei Gericht gestellt hatte. „MediaPost“ berichtete in diesem Zusammenhang, dass "die Behörden Schadensersatz und eine gerichtliche Anordnung verlangten, die Google dazu zwingen würde, die Übernahme von DoubleClick 2008 und den Kauf von AdMeld 2011 rückgängig zu machen“.

Man darf also gespannt sein, wie sich der Prozess entwickeln und welches Urteil die Richter unter dem Vorsitz von Leonie Brinkema fällen werden. Sicher ist, dass dieses Urteil sicherlich Einfluss auf die laufenden Prozesse haben wird, die gegen Google aktuell weltweit laufen. Als Sicher dürfte auch angesehen werden, der der Prozessausgang darüber entscheiden wird, ob und welche Verlage und Unternehmen sich als nächstes trauen aufzubegehren.